Für die aleviten österreich zur Entscheidung des Wiener Verwaltungsgerichtshofs – 30.01.2019
Wir, aleviten österreich möchten wissen:
Welchen Nutzen hat das Verwaltungsgericht Wien mit der Nicht-Anerkennung einer vom Islamgesetz unabhängigen eigenständigen Glaubensgemeinschaft?
Wir haben bereits 2007 erste Kommunikationskanäle zur Antragstellung auf zunächst die „Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft“ beim österreichischen Kultusamt gestartet. Erst 2009 konnten wir nach mehreren transparenten Informationsaustauschen unseren fertigen Antrag einreichen. Wir wollten die Anerkennung als eine eigenständige Glaubensgemeinschaft und stellten fest, dass der Kultusamt bereits mit einer Strömung in unseren Reihen eine Einigung getroffen hat, die bereit waren sich im Rahmen des Islamgesetztes eintragen zu lassen. Die im Jahre 2010 als „Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)“ eingetragene Gruppe, wurde 2013 als eine Religionsgesellschaft anerkannt. Mit der Änderung des Islamgesetztes im Jahre 2015 wurde deren Namen auf ALEVI geändert und ihnen seither das Recht der Repräsentanz aller AlevitInnen in Österreich staatsrechtlich gewährt und darauf beruht sich diese Gruppe.
Wir, die aleviten österreich (Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich, AABF) sehen das Alevitentum als eine eigenständige Glaubensgemeinschaft und lehnen eine Anerkennung innerhalb des österreichischen Islamgesetzes ab. Das österreichische Kultusamt zwingt uns dazu, uns mit der IAGÖ zu einigen, was für uns denkbar unmöglich ist. Zum erten Mal nach zehn Jahren ermöglichte uns das Verwaltungsgericht Wien (VGW) Stellung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung (28.12.2018) zu beziehen. Danach gab es zwei weitere mündliche Verhandlungen (04.1. u. 24.04.2019, wobei die letzte ursprünglich am 25.01.2019 stattfinden sollte, jedoch unbegründet und für uns unerklärlich sehr kurzfristig durch das VGW einen Tag vorgezogen wurde). In allen drei Verhandlungen argumentierten wir, warum aus unserer Sicht eine Anerkennung im Rahmen des Islamgesetzes bzw. eine Einigung mit der IAGÖ nicht möglich ist.
Wir haben die islamischen Einflüsse, die für eine unterdrückte Glaubensgruppe, wie die AlevitInnen, historisch und politisch bedingt waren, erläutert und erklärt. Beruhend auf unser gesetzliches Recht reichten wir also neue Unterlagen ein, doch sowohl das Kultusamt als auch das VGW zeigten keinerlei Interesse für die interdisziplinären historischen und politischen Hintergründe einer jahrhundertlang von islamischen Regimen verfolgten Glaubensgruppe. Auch ließ das VGW unsere eingereichten Unterlagen unberücksichtigt. Unsere Statuten von 2009 mussten wir ändern, weil wir uns nicht in das österreichische Islamgesetz hineinzwängen lassen wollten und nun möchte uns das Kultusamt zur Einigung mit den Islamischen-Aleviten zwingen.
Wir können die Zwangsislamisierungsmaßnahmen in der Türkei erörtern, doch wir fragen uns und die österreichische Öffentlichkeit: Welchen Nutzen hat(te) der österreichische Kultusamt bei der Konstruktion eines „islamischen Alevitentums“, zumal dieser Begriff weder in einer alevitischen noch islamischen Quelle vorkommt? Und welchen Nutzen hat der Rechtsstaat in Österreich mit der Nicht-Anerkennung einer vom Islamgesetz unabhängigen eigenständigen Glaubensgemeinschaft, deren Lebensmittelpunkt Österreich und Europa ist?
Das Verwaltungsgericht stellt sich gegen das Menschenrecht zur freien Religionsausübung und damit den europäischen Grundsätzen überhaupt. In sieben europäischen Staaten ist das Alevitentum als eine eigenständige Glaubensgemeinschaft anerkannt, nur in Österreich nicht. Dafür hat das österreichische Kultusamt bei der Konstruktion eines „islamischen Alevitentums“ innerhalb des österreichischen Islamgesetzes mitgewirkt.
Für die aleviten österreich, Vorstand
Zeynep Arslan
Wien, am 30.01.2019
Fotocredit: ORF Religion: https://religion.orf.at/stories/2961904/